Sie sind HIER:  AKTUELLES >> Archiv >> Archiv 2009

Ein Baum zum Gedenken an Drogentote

Seit dem 04. November 2009 erinnert eine Kastanie auf dem Karlsplatz in Stuttgart an verstorbene Drogengebraucherinnen und Drogengebraucher.

Zum Gedenken  

  Ein Baum erinnert an die Drogentoten in Stuttgart.

Seit dem 04. November 2009 erinnert eine Kastanie auf dem Karlsplatz in Stuttgart an verstorbene Drogengebraucherinnen und Drogengebraucher.

Initiiert hat die Pflanzung des „Gedenk-Baumes“ das Aktionsbündnis „Gedenktag für verstorbene Drogenabhängige Stuttgart“. Das Bündnis organisiert bereits seit 2004 in Stuttgart Veranstaltungen und Aktionen aus Anlass des seit 1998 am 21. Juli bundesweit begangenen „Nationalen Gedenktags für verstorbene Drogenabhängige“. 2009 standen diese Aktivitäten unter dem Motto „192 Tote sind zuviel“. Die Schirmherrschaft hatte die Vorsitzende des Bezirks Stuttgart-Mitte Veronika Kienzle übernommen.

Der ehemalige Vorsitzende des Selbsthilfevereins JES Stuttgart e.V. (JES = Junkies, Ehemalige und Substituierte) Roland Baur regte an, dem Beispiel anderer
Städte – wie Frankfurt, Berlin und Wuppertal – zu folgen und einen Gedenkort für Drogentote zu schaffen. Veronika Kienzle schlug vor, dieses Vorhaben
mit einer Baumpflanzung zu verbinden, und ermöglichte das Vorhaben, indem sie den stellvertretenden Amtsleiter Volker Schirner vom Garten-, Friedhofs- und Forstamt der Landeshauptstadt Stuttgart von diesem Anliegen überzeugte.

Trotz der nasskalten Witterung haben rund 50 Teilnehmer aus dem Betroffenen- sowie Sympathisantenkreis, der Politik, der Verwaltung und aus den Reihen der Freien Träger solidarisch an diesem feierlichen Akt der Baumpflanzung teilgenommen. Die AIDS-Hilfe Stuttgart e.V. war durch Klaus Schüle, Mitglied des Vorstandes, und Franz Kibler, Geschäftsführer der AIDS-Hilfe Stuttgart e.V., vertreten. Franz Kibler: „Wir freuen uns sehr, dass den verstorbenen Drogengebraucherinnen und Drogengebrauchern in Stuttgart nun auf so würdevolle Weise an so prominentem Ort gedacht wird. Drogengebraucherinnen und Drogengebraucher gehören auch heute noch zu den Hauptbetroffenengruppen von HIV/AIDS. Auch wir haben viele Freundinnen und Freunde durch Drogenkonsum verloren und danken allen, die diesen Gedenkort möglich gemacht haben. Dieser Baum ist sowohl ein Denkmal für die Toten als auch ein Mahnmal für die Lebenden – und insofern auch ständige HIV-Prävention.“

Der Baum als altes Symbol für Leben soll zeigen, dass die Drogenproblematik nicht verdrängt werden darf. Der Karlsplatz als zentraler Ort der Landeshauptstadt eignet sich gut für diesen Zweck, zumal sich hier früher auch einmal die „Szene“ getroffen hat. „Das Gedenken an die Verstorbenen“, sagt Baur, „ist uns als JES genauso ein Anliegen wie der Hinweis auf die Lebenssituation von Junkies und Substituierten heute. Das schließt das Recht auf ein würdevolles Leben mit ein.“ Der Baum soll daher ein Mahnzeichen sein, in Zukunft zu verhindern, dass weiterhin Menschen in Folge ihrer Drogenabhängigkeit sterben.

Der neue Kastanienbaum auf dem Karlsplatz wurde anstelle eines abgestorbenen Baumes gepflanzt und vervollständigt damit wieder die Reihe. Veronika Kienzle sieht darin auch ein politisches Zeichen, denn auch die Drogenkranken gehören zur Gesellschaft. Die JES-Initiative Stuttgart freut sich, dass ein lang geplantes Vorhaben damit nun Wirklichkeit wurde. Durch die tägliche Arbeit als Streetworker und Berater an den sozialen Brennpunkten in der Innenstadt wissen die beiden jetzigen Vorsitzenden der JES-Initiative Stuttgart, Markus Auer und Kirsten Ludwig, welche Sorgen und Probleme DrogengebraucherInnen belasten. An erster Stelle steht immer noch eine gesellschaftliche Abwertung und Diskriminierung, teilweise auch Kriminalisierung, ihrer Erkrankung. Der Baum steht an dieser Stelle symbolisch für die Würde und den Respekt gerade dieser Menschen. Vervollständigt wird der neue Gedenkort bald durch eine dort anzubringende Gedenktafel.

Das Aktionsbündnis „Gedenktag für verstorbene Drogenabhängige Stuttgart“ ist ein Zusammenschluss aus folgenden Vereinen und Initiativen: AIDS-Hilfe Stuttgart e.V., Caritasverband für Stuttgart e.V., Die Brücke e.V. – Verein für Menschen am Rande, JES – Junkies, Ehemalige, Substituierte Stuttgart e.V./JES Initiative Stuttgart, LAGAYA – Verein zur Hilfe suchtmittelabhängiger Frauen e.V., LEDRO – Leben mit Drogenkranken, release Stuttgart e.V., Stricher Impfkonzept beim Gesundheitsamt Stuttgart.